Mittwoch, 24. Juni 2015

Ekerøy bis Lakselv - 22. Juni 2015

Ekerøy bis Lakselv

Nach einer ruhigen Nacht beratschlagen wir, ob wir an einer Steilküstenkante in Ekerøy den brütenden Möwen ins Nest schauen wollen. Da es in der Nacht geregnet hat, verzichten wir wegen der moorigen und nassen Wege und Steine (Heidi hat ja keine Stiefel mehr) auf diese Wanderung.
Dafür wird eine Entenkommune direkt vor dem Wohnmobil am Ufer beobachtet.
Also gehts auf Tour mit einem nächsten Halt in Nesseby, einer kleinen Halbinsel, die eine alte Kirche und viele Vögel beherbergt. Ein Austernfischer mit seinem Jungen und ein eifrig pickender Seeregenpfeifer zogen uns in ihren Bann.





In Varangerbotn war Tanken bei ESSO angesagt.
Über ein kleines Fjell fuhren wir zum Tana-Fluss, der weite Schwemmlandinseln aus gelbem Sand aufschüttet. Zum Ort Tana Bru geht es über eine Brücke, die mit einer überdimensionalen Angel grüßt.
Im Ort werden wir zum wiederholten Male Zeugen der Mehrsprachigkeit dieses Landstrichs: Norwegisch und Samisch.
Fahren wir weiter, sehen wir rechts und links am Ufer Dünen, die bis in den Birkenwald emporwachsen.

24 km nach der Tana-Bru stößt man auf die Tana-Kirche, eine Vegkirke. Sie ist aus Holz gebaut und der sehr modern anmutende Glockenturm steht daneben. Wieder erinnert unmittelbar neben der Kirche ein Kriegerdenkmal an die Befreiung der Finnmark durch die rote Armee. Die Gedenktafeln sind in Samisch, Norwegisch, Russisch und Englisch mit identischem Inhalt beschriftet.




Was nun kommt, konnte aus fahrtechnischen Gründen nicht festgehalten werden. Zuerst ein Hinweisschild, 25 km Wellen, Unebenheiten und Schlaglöcher auf der Fahrbahn. Uns hat es ganz schön durchgeschüttelt, 50 km/h war schon das Maximum, um die Federung und Stoßdämpfer nicht zu stark zu strapazieren. Doch es kam noch schlimmer: ein Baustellenschild! Auf 5 km wurde die Straße total erneuert und der Untergrund bestand nur aus grobem Schotter, ca. 6-10 cm "Korngröße" und eine Vielzahl von Schlaglöchern, die fast nicht mehr zu umfahren waren. Im ersten Gang und max. 15 - 20 km/h quälten wir uns als Frontmann zweier weiterer Wohnmobile durch diese Strecke und einen steilen Höhenrücken. Wir mussten wenigstens den Staub keines Vordermanns schlucken. Unsere Enkel Tobias und Bernd hätten die helle Freude gehabt, was sie hier an Baufahrzeugen, Raupen, Baggern und Riesen-LKWs in "Action" zu sehen bekommen hätten. Nachdem wir den heißen Ritt auf diesem Streckenabschnitt geschafft hatten, kam die Neubaustrecke - 10 km lang. Uns kam es vor, als würden wir nicht mehr auf einer Straße rollen, sondern im Flugzeug über die Gegend schweben, so ruhig und gleichmäßig bewältigten wir die Strecke bis Ifjord.
Hier biegen wir ab auf die 888, den berühmt-berüchtigten Nordkinnvei (vei=Weg), der den Norwegern im Winter sehr zu schaffen macht. Die schmale Bahn windet sich mal durch Täler und Schluchten des Landesinneren, mal an den Buchten und Halbinseln der Küste entlang.
In Lebesby, im Tal des Storelva, gibt es eine kurze Atempause bei der neuen Kirche mit dem schwarzen Schieferdach und dem Minnestein (Gedenkstein) für den Lebesby-Mann. Der Fischer und Wahrsager Anton Johansen wurde bekannt für seine Weissagungen über den ersten Weltkrieg.

Vorbei an der Fährstation Kalak, die nur im Winter in Betrieb ist, falls der Nordkinnvei unpassierbar ist, gings an die Südspitze des Bekkar-Fjord, an dessen Ende die Fahrzeuge im Winter zu Konvois gesammelt werden, um mit Schneepflügen und weiteren Servicefahrzeugen über das Ifjord-Fjell (Fjell=norwegische Gebirgshochebene) begleitet zu werden.


Am Sammelplatz steht eine Hütte mit Warteraum, Duschen und Toiletten sowie eine Hinweistafel, zu welchen Abfahrtszeiten die Konvois starten.
(tide = Zeit, also Abfahrtszeiten der Kolonne)

Nach Mehamn und dann weiter nach Gamvik wollten wir eigentlich auch. Dies ist der nördlichste Punkt Europas, der mit einem Fahrzeug ohne Fähre oder Tunnel erreicht werden kann. Honningsvåg, von wo aus es zum bekannten Nordkap geht, liegt zwar nördlicher, aber auf einer Insel. Deshalb gilt Gamvik auch als das WOMO-Nordkap, wo man eine freie Sicht nach Norden zur Mitternachtssonne hat. Außerdem soll die Rundumsicht die Krümmung der Erdoberfläche erkennen lassen.
An diesem vorher beschriebenen Sammelpunkt verschlechterte sich das Wetter wieder, wir sahen Richtung Norden nur noch schwarze tiefhängende Wolkenmassen, weshalb wir beschlossen, uns die Weiterfahrt Richtung Mehamn zu sparen und uns dieses Highlight für ein anderes Mal aufzusparen.
Wir kehrten also um und bogen in Ifjord auf die 98 Richtung Lakselv ab.
Wir rollten über Fjells und Täler und kamen zum Adamsfoss, der sich unter der Straßenbrücke in Richtung Meer stürzt.






Während auf der einen Seite der Fluss ganz ruhig und zahm scheint, fängt er unter der Brücke an, sich zu Tal zu stürzen. Das Wasser wird von senkrecht stehenden Felsplatten aufgehalten, umgelenkt und zur Bildung von Strudeln gezwungen. 

Jettegryter (Strudellöcher) zeigen den Erfolg der endlosen Wasserarbeit an

Erst wollten wir auf dem Parkplatz daneben übernachten, aber wieder einmal wurde es richtig schwarz. Heidi beobachtete Blitze und es fing zu donnern an. Hans hatte Gott sei Dank seine Fotos und Filmchen schon im Kasten also beschlossen wir, noch einige Kilometer weiterzufahren. In Lakselv kennen wir einen schönen Stellplatz direkt am Fluss und den suchen wir für die Nacht auf.

Kaum lagen wir im Bett, gab es zwei trockene kräftige Donnerschläge, die das Wohnmobil erzittern ließen. Erstmals haben wir in Norwegen Gewitter erlebt -  eine Besonderheit in dieser Gegend.

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