Im 17. Jahrhundert steht
ganz Europa im Bann des chinesischen Porzellans. Die reinweißen
Scheiben mit ihren prachtvollen Dekoren führen zu einer reinen
Sammelwut im europäischen Adels.
Die
Faszination, die von dem chinesischen Porzellan ausging, war auch am
sächsischen Hof sehr ausgeprägt.
Der
Alchemist Johann Friedrich Böttger behauptete Anfang des 18.
Jahrhunderts, dass er aus wertlosen Materialien Gold herstellen
könne. Als das dem sächsischen Kurfürsten August dem Starken in
Dresden zugetragen wurde, ließ er Böttger in der Jungfernbastei
einsperren, um ihn Gold herstellen zu lassen. Nach einigen Jahren
wurde Johann Friedrich Böttger von Ehrenfried Walther von
Tschirnhaus überzeugt, sich an dessen Versuchen zur Herstellung von
Porzellan zu beteiligen und begann, Ende September 1707 in der
Porzellan-Forschung tätig zu werden.
Die
Experimente führten 1708 zur Erfindung des europäischen Porzellans.
Vorausgegangen war 1707 die Erfindung von marmorierten Fliesen und
des roten Böttgersteinzeugs (Jaspisporzellan), das noch einige
Jahrzehnte neben dem Porzellan hergestellt wurde. 1710 patentierte
der sächsische Kurfürst August der Starke als Auftraggeber die
Herstellung und versuchte, das Verfahren als Geheimnis zu hüten.
Am 23.
Januar 1710 erfolgte per Dekret von August dem Starken die
öffentliche Bekanntgabe einer Gründung der „Königlich-Polnischen
und Kurfürstlich-Sächsischen Porzellan-Manufaktur“ in Dresden und
am 6. Juni 1710 die Einrichtung ihrer Produktionsstätte in der
Albrechtsburg in Meißen. Die Manufaktur ging 1806 als
„Königlich-Sächsische Porzellan-Manufaktur Meissen“ aus dem
Besitz der Krone in das Eigentum des sächsischen Fiskus über. Im
Zuge der verfassungsmäßigen Erneuerung des staatlichen Eigentums
nannte sich das Unternehmen ab 1918 „Staatliche
Porzellan-Manufaktur Meissen“. In der DDR war die Manufaktur ein
Volkseigener Betrieb. Seit dem 26. Juni 1991 firmiert sie als
„Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen GmbH“, deren
Gesellschafter der Freistaat Sachsen ist. Die weltweit führende
Porzellanmanufaktur gehört zu den international bekanntesten und
ältesten deutschen Luxusmarken.
(Für diese Info habe ich Anleihen aus Wikipedia genommen)
Die
Porzellanmanufaktur wollten wir natürlich besuchen. Es wird eine
Führung angeboten, welche die Herstellung der verschiedensten
Porzellangegenstände zeigt. Der Internetauftritt dazu vermerkt
folgendes:
„Nach
traditionellen Techniken entstehen alle Meissener Porzellane bis
heute in reiner Handarbeit. der Rundgang durch die Schauwerkstatt
gibt Einblicke in Fertigung und Gestaltung.“
Bekannt ist uns allen
sicher das Markenzeichen für Meissener Porzellan, die zwei
gekreuzten Schwerter.
Die Führung begann um
10:40 Uhr, also hatten wir noch genügend Zeit, die „Mails zu
checken“ und für einen Kaffee mit Kuchen im firmeneigenen
Restaurant mit Freisitz.
Selbst hier auf der
Marzipantorte haben sie ihre gekreuzten Schwerter verewigt.
Auf dem Weg zum
Sammelpunkt für die Führung begegnete uns zuerst die Saxonia.
So sehen die
Porzellanblüten aus der Nähe aus sowie die dazugehörigen Stempel
zu ihrer Herstellung.
Wie die Blüten an Ort
und Stelle der jeweiligen Figur oder Vase etc. positioniert werden,
kann man auf diesem Foto gut erkennen, sowie die Größe und die
diffizile Arbeit, die hierzu notwendig ist.
Die Figur hat lt.
Führerin die Traummaße eines Models, 1,80 m groß, ein schönes
Gesicht und „glanzvolles“ Äußeres. An die Herren gewandt meinte
die Führerin allerdings, man könne sie nicht einfach unter den Arm
nehmen, denn - obwohl hohl, wiegt sie 800 kg.
Dann begann der Rundgang
durch die Schauwerkstatt, wo wir Erklärungen über Fertigung und
Gestaltung des Porzellans erfuhren und den einzelnen Arbeitern über
die Schulter schauen konnten.
DREHER,
der erste Arbeitsschritt
Auf
der Drehscheibe und unter den geübten Fingern der Dreher nehmen
viele Meissener Porzellane ihren Anfang. Anders als in der
industriellen Produktion werden Teller, Tassen und Vasen bis heute
von Hand geformt – ein zeitaufwändiger Prozess, an dessen Ende ein
feinerer Scherben steht. Zunächst wird die Porzellanmasse zur
Grundform gedreht ...
... und
mit sanftem Druck in eine Gipsform gepresst, die ihr Konturen und
Profil verleiht.
Auch
für Köpfe u.Ä. gibt es Gipsformen.
Nach
und nach wird der Porzellanmasse durch die Gipsform Wasser entzogen
und der Scherben verdichtet sich.
Nach
ca. 1 Stunde hat sich der Rohling vom Gips gelöst – man kann den
Spalt sehen – und kann aus der Form genommen werden.
Meissener
Figuren sowie einzelne Komponenten von Servicen bestehen aus mehreren
Teilen – Tassen aus bis zu fünf, komplexe Figuren aus bis zu 100 –
die einzeln geformt oder gegossen und anschließend von den
Bossierern zusammengefügt werden.
BOSSIERER,
der zweite Arbeitsschritt
Die
vielen Einzelteile einer Figur oder Plastik erhalten von Meissener
Bossierern ihre endgültige Form. Mit Schlicker, der verflüssigten
Porzellanmasse, die als Kleber fungiert und mit viel Geschick und
höchster Präzision fügen sie die einzelnen Teile zusammen.
Kleinere
Dekorelemente wie Blätter und Blüten werden von Hand mit einer
Schablone geformt und an der Figur angebracht. Mit unterschiedlichen,
von den Bossierern selbstzusammengestellten
Werkzeugen, lassen sich Details wie Lockenschwünge oder Mimik
ausarbeiteten. Mit viel zeichnerischem Geschick bringen Bossierer
Klarheit in die Figur und legen im Sinne des Modelleurs letzte Hand
an die Form.
Das
nachfolgende Bild zeigt eine komplette Figurengruppe nach allen
Arbeitsschritten incl. Glasurbrand und Bemalung.
Alleine
für das Fertigen dieser Gruppe benötigt ein/e Bossierer/in eine
komplette Arbeitswoche mit 40 Stunden. Rechnet man noch
Materialkosten, 3* Brand, Bemalung sowie die Lohnnebenkosten und eine
entsprechende Gewinnmarge hinzu, dann kann man sich die Preise, die
für Meissener Porzellan verlangt werden, gut vorstellen.
Könnt
ihr den Preis lesen? (1290,00 €)
Nach
Drehen, Bossieren und anschließendem Trocknen erfolgt der erste
Brand.
Die
Veränderung der Rohlinge durch das Brennen möchte ich mit einem
Foto verdeutlichen.
Ganz
links der getrocknete Rohling mit Fuß und Henkel, daneben der erste
Brand mit 900° C, der das Material um 1/6 der ursprünglichen Größe
schrumpfen lässt und das Porzellan seine Festigkeit erhält, rechts
der Glasurbrand, der bei 1450° C dem Porzellan seinen Glanz
verleiht. (Natürlich wird die Goldverzierung erst nach dem
Glasurbrand aufgetragen, da sonst die Goldfarbe verbrennen würde)
UNTERGLASURMALEREI
Auf
der porösen saugfähigen Struktur nach dem ersten Brand erfolgt nun
die Unterglasurmalerei. Das Spektrum der Unterglasurfarben ist viel
geringer als das der Aufglasurfarben, da nur wenige Farbstoffe der
hohen Temperatur des zweiten Brandes standhalten. Bekanntestes
Beispiel ist das Kobaltblau, welches für das Meissener
„Zwiebelmuster“ und das berühmte Meissener Markenzeichen, die
Gekreuzten Schwerter, verwendet wird.
Diese
verschmelzen im Brand mit dem Scherben und bezeugen so
fälschungssicher die Echtheit und Qualität des Meissener
Porzellans. Die Glasur sowie alle Farben werden von der Manufaktur
eigens hergestellt.
AUFGLASURMALEREI
Bei
der Aufglasurmalerei werden die Farben von Hand auf die Glasur des
Porzellans gemalt. Dazu wird das Farbpulver von den Porzellanmalern
mit Terpentin zu einer malfähigen Farbe vermischt und auf das
Porzellan aufgetragen. Aufwändige Dekore erfordern mehrere
Farbaufträge und Brände.
Von
filigranen Chinoiserien (Bezeichnung für eine Richtung der
europäischen Kunst, die sich an chinesischem oder anderen
ostasiatischen Vorbildern orientiert) über Blüten, Figuren und
Landschaftsmotiven bis hin zu Tieren und Früchten – entsprechend
der breit gefächerten Dekorpalette sind Meissener Porzellanmaler
stets auf ein Teilgebiet spezialisiert. Modelle und Vorlagen
garantieren dabei die künstlerische Authentizität des fertigen
Objekts. Alle verwendeten Farben beruhen auf archivierten Rezepturen
des manufaktureigenen Farblabors. Der abschließende Dekorbrand lässt
die Aufglasurfarben leuchten.
Uff,
das war jetzt sehr interesant und wir wurden mit einer Fülle an
Informationen versorgt. Bemerkenswert ist auch, dass die
Porzellanmanufaktur alle Berufe selbst ausbildet und nur soviel
Auszubildende in den jeweiligen Berufssparten aufnimmt, wie nach
Personalaltersplan nach Ende der Ausbildung auch fest übernommen
werden können. Alleine die Ausbildung zum Bossierer dauert vier
Jahre !
Nun
konnten wir alleine weiterschauen und uns dem Museum und unzähligen
Figuren, Teller, Vasen, aber auch Alltagsgegenstände wie Teesiebe,
Spitztrichter, Waschbecken und Toilettensitze etc. widmen. Im Museum
der Meissen Porzellan-Stiftung werden Exponate aus 300 Jahren
Manufakturgeschichte gezeigt.
Ich
habe viele Fotos gemacht, aber das wäre zuviel, alle im Blog zu
zeigen. Deshalb möchte ich mich nur auf einige Besonderheiten
festlegen.
Wer
ein solches Stück bei sich zu Hause stehen hat, braucht eine ruhige
Hand beim Abstauben und keine tobenden Kinder und Enkelkinder.
Diese
zwei riesigen Vasen wurden für die Pariser Weltausstellung 1900
hergestellt und zeigen „Wasser“ und den „Frühling“.
Zum
Abschluss fiel mir noch eine Orgel auf, die mit Porzellanpfeifen
bestückt war. Die Beschreibung klärte darüber auf, dass es erst im
Jahre 2000 gelang, zusammen mit einer Dresdener Orgelbaufirma
klingende Porzellanpfeifen herzustellen.
Ist dann die Planung der Frauenkirche, die Orgel mit Porzellanpfeifen zu bauen, doch nicht so unmöglich? Wir werden sehen.
Ist dann die Planung der Frauenkirche, die Orgel mit Porzellanpfeifen zu bauen, doch nicht so unmöglich? Wir werden sehen.
Nach
einem Mittagessen, das wir wieder im Restaurant der
Porzellanmanufaktur einnahmen (die brauchen das Restaurant, wenn die
Besuchergruppen mit Bussen ankommen), spazierten wir gemächlich zum
Historischen Markt, um heute das Porzellanglockenspiel der Meissener
Frauenkirche zu hören.
Am
„Hotel & Cafe Am Markt Residenz“ setzten wir uns bei
herrlichem Sonnenschein gleich neben der Frauenkirche ins Freie und
genossen Eiskaffee und Cappuccino und warteten …
Aber jetzt, die Porzellanglocken beginnen ihren Choral.
Aber jetzt, die Porzellanglocken beginnen ihren Choral.
Vorbei
an wunderschönen historischen Gebäuden gingen wir zurück zu
unserem WOMO, nicht ohne einen letzten Blick zum Turm der
Frauenkirche zu werfen: man konnte hinaufsteigen und einige genossen
sicher den Blick über Meissen aus dieser luftigen Höhe.
Mit
dem letzten Foto für heute konnte ich auch noch das Tuchmachertor
festhalten, das den Baustil der Renaissance zeigt. Die
Tuchmacherzunft erteilte damals den Auftrag für seine Fertigung,
wodurch das Tor bis heute seinen Namen hält.
Dann
gingen auch unsere 2 Tage Meissen zu Ende und am späteren Nachmittag
machten wir uns auf den Weg ins knapp 20 km entfernte Moritzburg.
Aber wir konnten nicht dorthin, denn über Radio hörten wir, dass um
Moritzburg eine großflächige Umleitung eingerichtet war wegen der
heute, am Sonntag, stattfindenden Hengstparade.
Also
suchten wir uns ganz in der Nähe von Moritzburg an einem Wander- und
Picknickplatz eine Übernachtungsmöglichkeit. Dabei kamen wir noch
in den Genuss der dort verkehrenden Lößnitzgrundbahn, die mit
historischen Lokomotiven und Wagen aus der Frühzeit der sächsischen
Schmalspurbahnen den Traditionsverkehr zwischen Radebeul nach
Ost-Radeburg mehrmals täglich aufrecht erhält.
Und morgen geht's nach Moritzburg.




































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